Einst ein Bestseller-Autor

Der Dichter von „Ihr Kinderlein kommet“ wurde vor 250 Jahren geboren

DINKELSBÜHL – Am 15. August jährt sich der Geburtstag von Christoph von Schmid, dem Dichter von „Ihr Kinderlein kommet“, zum 250. Mal. 1768 wurde er am Fest Mariä Himmelfahrt als ältestes von neun Kindern in Dinkelsbühl im heutigen Mittelfranken geboren. Er machte sich als Seelsorger, Pastoraltheologe und viel gelesener Dichter einen Namen.

„Christoph von Schmid war zu seinen Lebzeiten und bis weit ins 20. Jahrhundert hinein ein Weltstar als Kinderbuchautor, aber genauso als Verfasser theologischer Schriften und als Seelsorger“, sagt Ingrid Metzner, Museumsleiterin im Haus der Geschichte Dinkelsbühl. „Er war ein hochbewunderter Mensch. Christoph von Schmid brachte jedes Mal Scharen von Menschen auf die Straßen Dinkelsbühls, wenn er irgendwo auftauchte.“

„In einem Nestchen fröhlicher Kinder bin ich aufgewachsen“, beschrieb Schmid seine behütete Kindheit. Im Elternhaus wurde gebetet, das sonntägliche Evangelium brachte der Vater, ein Beamter des Deutschen Ordens, seinem Nachwuchs in kindgerechter Form näher. Zum Studium der Theologie ging der begabte Sohn nach Dillingen an der Donau. Hier hatte er in Johann Michael Sailer, dem späteren Bischof von Regensburg, nicht nur einen exzellenten Lehrer und Förderer, dieser wurde auch sein Vorbild und ein Freund fürs Leben. Mit 23 Jahren wurde Schmid in der fürstbischöflichen Hofkapelle zu Dillingen zum Priester geweiht. 

Bei seiner Primizfeier in Dinkelsbühl hielt Johann Michael Sailer die Predigt, worin er den hellen Verstand, den für das Gute empfänglichen Sinn und die Demut des Primizianten lobte. Seine erste Kaplanstelle trat Schmid in Nassenbeuren, heute ein Ortsteil der Kreisstadt Mindelheim im Unterallgäu, an. „O lieber Gott! Gib mir besonders ein recht gutes, reines, mitleidsvolles Herz“, vertraute er damals seinem Tagebuch an. Da brauchte er sich wohl keine Sorgen zu machen. Er kam mit seinem bescheidenen Wesen in der Landpfarrei und besonders bei den Kindern gut an. Für sie schrieb er das Lied „Ihr Kinderlein kommet“, das bis heute in der ganzen Welt gesungen wird.

Religion des Herzens

1795 folgte er einem Ruf als Kaplan nach Seeg. Weitere Stationen waren Thannhausen in Mittelschwaben und im württembergischen Oberstadion (heutiger Alb-Donaukreis). Im Jahr 1827 wurde der Theologte zum Domkapitular in Augsburg ernannt.

Als einen seiner „bedeutendsten Vorgänger im Augsburger Domkapitel“, empfindet der Augsburger Bistumshistoriker Thomas Groll den Dichter. „Seine Zeitgenossen schildern ihn als unermüdlichen Priester, dem die Religion des Herzens mehr galt als die des Verstandes. Sein Bemühen war es stets, den Gläubigen entgegenzukommen, sie dort abzuholen, wo sie standen. Darüber hinaus gelang es ihm, ihre Frömmigkeit zu fördern. Dafür schätzten und liebten ihn die Menschen.“ 

Schmid war ein leidenschaftlicher Pädagoge. Er lehrte mit Geduld, Beharrlichkeit und liebevoller Hinwendung. Zum Pflichtprogramm gehörte die Religionsstunde, denn Religion war „der sichere und feste Grund aller wahren Bildung“. So war es für Schmid auch ein Bedürfnis, mit seiner biblischen Geschichte ein religiö­ses Lehrbuch für den Unterricht zu schreiben. Dieses Buch war fast ein ganzes Jahrhundert prägend in Bayern, zudem in vielen Ländern Europas und Amerikas in Übersetzungen verbreitet. Der Religionspädagoge wusste, was Kinder fesselte. Viele weitere religiöse Bücher und Erzählungen folgten, außerdem Kirchenlieder. „Beim letzten Abendmahle“ und „Am Pfingstfest um die dritte Stunde“ sind vielen Katholiken auch heute noch bekannt. 

Seine Erzählungen wie „Genovefa“, „Weihnachtsabend“ oder „Ostereier“ wurden mit Begeisterung gelesen. Obwohl sie lehrreich waren, waren sie dennoch spannend und voller Poesie. Sie hatten so großen Erfolg, dass sie über Jahrzehnte nachgedruckt wurden. Dichter ließen in ihren Werken Spuren einfließen, wie etwa Theodor Storm oder Ludwig Thoma. Sein Freund Johann Michael Sailer scherzte einmal: „Wenn Du so fortfährst, so muss die Kirche Dich zu ihrem fünften Evangelisten machen.“ Die Bücher Schmids wurden in 24 Sprachen übersetzt und gedruckt.

Christoph Schmid ging es nie um Amt und Würden – Berufungen an Universitäten lehnte er stets ab – und doch erhielt er im Alter zahlreiche Ehrungen. König Ludwig I. belohnte seine großen Verdienste, indem er ihn in den Adelsstand erhob. Ganz Dinkelsbühl war auf den Beinen, als Schmid seine goldene Primiz beging, sein 80. Geburtstag war ein öffentlicher Feiertag in Augsburg und die traditionsreiche Universität Prag ernannte ihn zum Doktor der Theologie.

1854 läuteten ununterbrochen die Totenglocken in Augsburg, denn die Cholera tobte in der Domstadt. Am Schutzengeltag, dem 3. September, läutete die Totenglocke für Christoph von Schmid, der auch der Cholera zum Opfer fiel.

Professor Hans Pörnbacher, ein Kenner der bayerischen Literaturgeschichte, urteilt: „Was bleibt, ist sein Vorbild als Priester. Es bleibt sein Vorbild als Pädagoge. Von Liebe zeugt seine seelsorgliche Arbeit und sein Wirken an der Schule. Eine solche Haltung ist genuin christlich. Es bleibt das Mühen, dass Anstand und Ehrfurcht das soziale Miteinander bestimmen. Das gute Beispiel, das aus allen seinen Geschichten spricht, sollte der Erziehung der Jugend dienen. Denn Beispiele wirken mehr als Worte allein, Beispiele ziehen Kinder mit.“ Ingrid Paulus

07.08.2018 - Bistum Augsburg , Historisches